Sobald die strategischen Weichen gestellt sind, kann man damit beginnen, konkrete KI-Anwendungen zu entwickeln und auszurollen. Die KIWI Datenstrategie teilt diesen Bereich in drei Schritte auf: (Prototyp) entwickeln, automatisieren und optimieren.

3.1 (Prototyp) entwickeln

  1. Framework auswählen
    • Technologische Basis: Je nach Anwendungsfall kommen unterschiedliche Technologien infrage. TensorFlow oder PyTorch eignen sich für bildlastige Analysen oder Deep-Learning-Modelle, während scikit-learn oder R-Frameworks gut für klassische statistische Verfahren sind.
    • Branchenspezifische Software: Im Gesundheitswesen gibt es bereits etablierte Plattformen, die auf medizinische Datensätze zugeschnitten sind. In der Prozessoptimierung könnten MES-Anbieter bereits KI-Module zur Verfügung stellen.
  2. Modell erzeugen
    • Datenaufbereitung & Feature Engineering: Bevor ein Modell trainiert wird, braucht es eine gründliche Datenaufbereitung. In der Anästhesie könnten das normalisierte Vitalwerte pro Zeitintervall sein. In der Fertigungsoptimierung extrahiert man möglicherweise Merkmale wie Maschinennummer, Temperatur und Materialcharge.
    • Trainingsphase: Ein KI-Modell wird auf historische Daten „trainiert“, um Muster zu lernen. Beispielsweise könnte ein Krankenhausdatenmodell lernen, welche Patientengruppen besonders anfällig für Komplikationen sind. In der Produktion könnte das Modell lernen, unter welchen Bedingungen Ausschussteile entstehen.
  3. Bewertungskriterien
    • Genauigkeit, Recall, Precision: Je nach Ziel und Anwendung ist eine unterschiedliche Metrik entscheidend. Im Gesundheitsbereich ist die Minimierung von False Negatives oft essenziell (z. B. möglichst keinen Hochrisikopatienten übersehen). In der Prozessoptimierung liegt der Fokus oft auf Kostenersparnis oder Durchsatzoptimierung.
    • Risikobasiertes Thresholding: Wenn ein Modell Komplikationen vorhersagen soll, legt man häufig bewusst einen niedrigeren Schwellenwert an, um möglichst viele potenzielle Fälle zu erfassen, akzeptiert aber dafür mehr Fehlalarme.
  4. Transfer To Production
    • Integrationsaufwand: Ein Prototyp ist selten einsatzbereit für den klinischen Alltag oder die Fabrikhalle. Oft müssen Schnittstellen zu anderen IT-Systemen geschaffen und Benutzeroberflächen gestaltet werden.
    • Benutzertraining: In der Gesundheitsbranche möchten Ärzt:innen wissen, warum ein KI-System eine bestimmte Empfehlung gibt. In der Fertigung sind Maschinenführer interessiert, wie sie mit Alarmmeldungen umgehen sollen. Ein sorgfältiges Onboarding ist daher essenziell.

3.2 automatisieren

Nachdem ein erster Prototyp gute Ergebnisse liefert, geht es darum, Abläufe zu automatisieren.

  1. Aktualisierungen
    • Kontinuierliches Lernen: Modelle müssen angepasst werden, wenn sich äußere Bedingungen ändern. Beispielsweise können im Krankenhaus neue Behandlungsmethoden eingeführt werden, was Auswirkungen auf die bisher gelernten Muster hat. In der Produktion ändern sich möglicherweise Materiallieferanten oder Produktvarianten.
    • Automatisches Retraining: Viele KI-Lösungen integrieren Mechanismen, bei denen neu anfallende Daten automatisch in das Modell eingepflegt werden.
  2. Überwachung
    • Drift Detection: Im Lauf der Zeit kann es passieren, dass ein Modell nicht mehr zur Realität passt (Data Drift, Concept Drift). Um dies zu erkennen, überwacht man kontinuierlich Kennzahlen wie Genauigkeit oder Fehlerrate.
    • Alerts & Eskalationsmechanismen: Sollte die Performance unter ein definiertes Minimum fallen, sendet das System eine Benachrichtigung an die Verantwortlichen. Bei sicherheitskritischen Anwendungen – etwa in einer Intensivstation – müssen diese Alarme sehr zuverlässig funktionieren.
  3. Anwendungsbeispiel
    • Healthcare: Ein KI-System erkennt in CT-Bildern frühzeitig Anomalien. Wird eine potenzielle Auffälligkeit entdeckt, geht automatisch eine Nachricht an die zuständigen Radiolog:innen. Gleichzeitig protokolliert das System den Befund.
    • Prozessoptimierung: Ein Robotersystem in der Fertigung „lernt“, wann Bauteile Anzeichen von Verschleiß zeigen. Kommt es zu einer Häufung bestimmter Indikatoren, wird automatisch eine Wartung veranlasst, bevor es zum Maschinenausfall kommt.

3.3 optimieren

Selbst nach dem Rollout eines KI-Systems gibt es immer Raum für Verbesserungen. Oft ist die Optimierungsphase ein fortlaufender Prozess.

  1. Qualität
    • Validierung & Feinjustierung: Anhand realer Nutzungsdaten erkennt man, ob bestimmte Parameter (z. B. Lernraten, Netzwerkstrukturen) angepasst werden müssen.
    • Regelmäßige Abnahme & Revision: Gerade in hochregulierten Branchen wie dem Gesundheitswesen ist eine periodische Überprüfung der Qualität und Zuverlässigkeit verpflichtend.
  2. Performance
    • Skalierung: Werden mehr Datenströme eingebunden oder steigt die Nutzerzahl stark, muss die KI-Infrastruktur entsprechend skaliert werden. Cloud-Dienste oder verteiltes Rechnen können hier Abhilfe schaffen.
    • Latenzzeiten & Reaktionsgeschwindigkeit: In einer Notaufnahme kann es lebensrettend sein, wenn KI-Ergebnisse sofort verfügbar sind. Dasselbe gilt in einer Fertigungsstraße, wo Verzögerungen Produktionsstillstände verursachen können.
  3. User Experience
    • Benutzerfreundliche Oberflächen: KI-Systeme entfalten nur dann ihren Wert, wenn sie von den Anwender:innen akzeptiert werden. Eine intuitive Bedienoberfläche, die klare Visualisierungen liefert, ist dabei Gold wert.
    • Feedback einholen: Anwenderfeedback – sei es von Ärzt:innen, Pflegekräften oder Maschinenführenden – ist ein wichtiger Input, um die Usability weiter zu verbessern.
  4. Logging
    • Audit Trails: Um bei kritischen Entscheidungen die Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, ist ein detailliertes Protokoll (Logging) essenziell. Gerade im Gesundheitsbereich müssen alle Änderungen an Daten oder Systementscheidungen dokumentiert sein.
    • Compliance & Reporting: Auch für interne Kontrollsysteme oder externe Prüfungen (z. B. in klinischen Studien) sind lückenlose Logs unabdingbar.